Story: Die Sweden Skimo Girls – Frauenpower aus dem hohen Norden

Im strahlenden Sonnenschein von Andorra fallen sich hinter der Ziellinie des Vertical-Weltcups vier Damen in auffallenden blau-gelben Rennanzügen in die Arme und feiern ein grandioses Rennen – die „Sweden Skimo Girls“ haben zugeschlagen!

 

Ein Team von sechs Mädels aus dem hohen Norden macht sich auf, um die Welt des Skibergsteigens zu erobern. Schweden, nicht unbedingt bekannt als große Skimo-Nation, wer aber die Ergebnislisten der letzten beiden Weltcups in Villars/SUI und Andorra betrachtet, der wird schnell feststellen, dass das Länderkürzel „SWE“ ziemlich häufig und ziemlich weit oben in den Resultaten zu finden ist. Vier der sechs Schwedinnen haben es beim Verticalrennen von Arinsal/Andorra in die Top 10 geschafft! Emelie Forsberg auf Platz zwei, Fanny Borgström auf vier, Johanna Åström gewinnt die Espoirs und Ida Nilsson rundet die starke Teamleistung als Zehnte ab. Die Schwedinnen, das einzige rein weibliche Team im Weltcupzirkus, überzeugen nicht nur mit guten Leistungen. Sie begeistern mit einer ansteckend positiven Stimmung, Leidenschaft für das Skibergsteigen und einer Lockerheit, die in der Welt des Leistungssports oftmals verloren geht. 

 

Im Interview erzählt die 23-jährige Fanny Borgström, wie sie zum Skibergsteigen gekommen ist, welche Rolle Emelie Forsberg für die jungen Athletinnen spielt, wie die Struktur hinter dem Team aussieht und welche Ziele die Sweden Skimo Girls in dieser Saison noch verfolgen.

Sprechen wir über die vergangenen beiden Weltcups: Ein siebter Platz im Individual von Villars/SUI und ein vierter Rang im Vertical von Andorra – hast du mit derart starken Resultaten gerechnet?

Absolut nicht, es war ein wesentlich größerer Leistungssprung als ich ihn mir erhofft hätte. Ich habe mich gut vorbereitet und das Training ist super gelaufen diesen Winter, aber mit zwei Top 10 Platzierungen habe ich wirklich nicht gerechnet.

Gleich vier Schwedinnen in den Top 10 des Verticalrennens in Andorra: Es scheint als hättet ihr eine super Stimmung im Team. Gibt es noch ein weiteres Geheimnis für die guten Ergebnisse?

Raues, nordisches Wetter und gute Gene! (lacht) Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Im Endeffekt denke ich, dass wir einfach eine gute Stimmung im Team haben, uns super verstehen und uns im Training gegenseitig pushen.

Deine Teamkollegin Emelie Forsberg ist eine bereits sehr erfahrene Athletin. Welche Rolle spielt sie für euch junge Sportlerinnen im Team?

Emelie ist ein super Vorbild für alle von uns. Sie gibt uns sehr viel von ihrer Erfahrung weiter und ist ein wesentlicher Baustein für unseren aktuellen Erfolg. Ich hoffe, dass wir auch weiterhin das umsetzen können, was wir von ihr lernen.

Den Weltcupauftakt in China hast du ausgelassen, gab es einen speziellen Grund dafür?

Meine Laufsaison ging relativ lange im letzten Jahr, daher habe ich es vorgezogen, den Dezember für einen soliden Trainingsaufbau zu nutzen. Außerdem muss ich auch sagen, dass die Reise nach China für ein kurzes Vertical und einen Sprint schon eine sehr lange ist.

Welche ist deine Lieblingsdisziplin?

Individual und Vertical mag ich am liebsten. Das Individual ist sehr komplex, hier kommt es neben der physischen Leistung auch noch sehr stark auf die Technik und die taktische Renneinteilung an.

Im Vertical gibst du vom Start weg einfach alles. Der Puls ist auf Anschlag und die Lunge brennt – ich liebe dieses Gefühl!

Wie bist du zum Skibergsteigen gekommen?

Ich bin in Schweden in die Berge gezogen, habe jemanden kennen gelernt, der im Rennzirkus unterwegs war und habe dann an einem Skimo-Camp mit Emelie (Forsberg) teilgenommen. Emelie hat dann meine Schwester und mich dazu überredet, bei der „Keb-Classic“, einer schwedischen Version der Grand Course, teilzunehmen – ich war begeistert!

Schweden ist ein großes Land, wo genau bist du dort Zuhause?

Ich lebe in Duved in Mittelschweden, nicht weit von der Grenze zu Norwegen. Mein liebstes Trainingsrevier liegt weiter im Norden, dort findet man wunderschönes und einsames alpines Gelände.

Welchen sportlichen Hintergrund haben die Sweden Skimo Girls?

Wir sind ein bunt gemischter Haufen und kommen aus den Bereichen Langlauf, Berglauf, Trailrunning, Freeski oder sind einfach seit Kindertagen bergbegeistert.

Unter dem Dachen welchen Verbandes seid ihr in Schweden organisiert?

Wir unterliegen dem Schwedischen Bergsteigerverband „Svenska Klätterförbundet“.

Wie sieht die Unterstützung seitens des Verbandes aus?

Ich würde sagen, dass Skibergsteigen derzeit eine nicht besonders hohe Priorität im Verband genießt. Wir bekommen einige Wettkämpfe und Trainingslager bezahlt.

Wie viel öffentliches Interesse erfährt Skibergsteigen in Schweden?

Langlauf ist ganz klar der wichtigste Wintersport in Schweden, von einem ähnlichen Medieninteresse können wir nur träumen. Ich hoffe aber, dass wir besonders durch die sozialen Medien und unsere starken Leistungen etwas mehr Aufmerksamkeit bekommen.

In Italien, Frankreich oder auch Deutschland sind viele Athleten in Sportfördergruppen der Polizei, Armee oder anderen Behörden sehr gut aufgehoben. Gibt es in Schweden eine ähnliche Struktur um sich als Sportler voll auf den Sport konzentrieren zu können?

Im Militär gibt es solche Förderplätze, für Skibergsteigen werden hier allerdings bis jetzt noch keine Mittel freigegeben.

Was machst du und auch deine Teamkolleginnen neben dem Sport und wie schaffst du es, alles unter einen Hut zu bringen?

Ida (Nilsson) und Emelie sind Profis. Wir versuchen einfach nur so viel zu arbeiten, dass unsere Lebenskosten gedeckt sind und wir möglichst viel Zeit in der Natur beim Training und für Wettkampfreisen haben.

Ihr seids sechs Mädels im Team, wo sind die Jungs?

Guter Punkt, das fragen wir uns auch..

 

Lass uns ein wenig über Ziele sprechen:

Welche Ziele hast du für die restliche Saison? Wirst du den Gesamtweltcup anvisieren?

Mein Ziel für diese Saison war es, mich für die Europameisterschaft zu qualifizieren. Den geforderten Top 15 Platz habe ich erreicht und hoffe jetzt auf ein gutes Rennen bei der EM. Leider haben wir nur Budget für zwei Weltcups bekommen, deshalb ist der Gesamtweltcup kein Thema für mich.

Gand Course – etwas das dich reizt?

Ida und ich werden die Pierra Menta zusammen laufen und ich freue mich wahnsinnig darauf. Emelie sagt immer, dass die Pierra Menta ein „richtiges“ Rennen ist, also muss ich das ausprobieren. Aktuell suchen wir noch einen Sponsor für die Anmeldegebühr.

Die Olympischen Spiele sind im Skibergsteigen derzeit ein großes Thema: Was ist deine persönliche Meinung zu einer möglichen Aufnahme in das olympische Programm?

Einerseits fände ich es eine sehr positive Entwicklung, da wir dadurch mehr Förderungen bekommen und sich die Sportart in Schweden besser entwickeln kann. Aus meiner persönlichen Sicht ist es natürlich auch ein Ziel, einmal Teil der Schwedischen Olympiamannschaft zu sein. Auf der anderen Seite befürchte ich, dass man unsere Disziplinen verändern möchte, um in das Format der Spiele zu passen. Zudem finde ich, dass Olympische Spiele im Bezug auf die Umwelt nicht besonders nachhaltig sind und das stört mich.

Zum Abschluss noch eine Botschaft an alle Athletinnen, die sich an die Spitze kämpfen wollen?

Glaube an das was du tust, hab Spaß und lass nicht jemand anderes entscheiden, ob du gut genug bist!

 

Wer den schnellen Mädels aus Schweden folgen möchte, der kann dies bei Facebook , Instagram und mit dem Hashtag #SwedenSkimoGirls tun.

 

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