Interview mit einem „Wunderkind“: Toni Palzer (GER) am Telefon

Ein überaus interessantes und unterhaltsames Telefoninterview konnten wir kürzlich mit dem Deutschen Nationalteamathleten Toni Palzer führen. Der 21jährige Ramsauer ist bekannt für seine lockeren Sprüche. Neben seiner Dominanz auf der Rennstrecke hat er trotz seiner jungen Jahre aber viel zu sagen. Dass Toni einer der ersten Profisportler im deutschsprachigen Raum ist macht ihn umso interessanter.


 

ASKIMO: Toni, wann und wie bist Du zum Skibergsteigen gekommen?

Palzer: In der Ramsau haben wir die Berge ja vor der Haustür, und meine Eltern sind beide begeisterte Skitourengeher und auch Rennläufer. Mit meinem Bruder bin ich schon mit 4, 5 Jahren mitgenommen worden und auf den Tourenski gestanden. Für mich war immer eine große Freude dahinter; wenn ich mir‘s recht überlege, hab ich im Sport niemals Druck von außen gehabt, was zu machen, es freut mich einfach.
Naja, und mit 16 ging‘s dann in den Nationalkader. War alles recht easy

A: Was ist Dein aktueller sportlicher Kontostand jetzt?

P: Für mich ist nicht nur der Sieg bei Rennen wichtig, obwohls mich natürlich jedesmal freut. Als absoluten Erfolg sehe ich eher an, dass ich jetzt seit 6 Saisonen im Weltcup unterwegs bin und immer alles durchgezogen habe, keine Krankheit, kein Ausbrennen. Und mich dabei immer gesteigert habe. Siege in der Espoir-Klasse sind mir nicht so wichtig, ich mag mich mit der allgemeinen Klasse matchen. Ebenso wichtig ist mir die Konstanz, also lieber die ganze Saison 4. sein wie letztes Jahr als einmal siegen und dann wegbrechen. Und außerdem trainiere ich eher weniger als mehr, ich mag auf keinen Fall gegen Saisonende leer sein.
Eine Bilanz mag ich nicht ziehen, aber es läuft eh ganz gut.
(Anm. ASKIMO: Palzer ist amtierender Espoir-Weltmeister in den Disziplinen Individual und Vertical und ist aktuell 6. In der Herren-Weltrangliste sowie im Gesamtweltcup)

A: Was geht da heuer noch, Du bist ja sicher mit der Nationalmannschaft wieder am Weg?

P: Also Hauptziel ist sicherlich die WM in Verbier. Ich hab mir vorgenommen, in einer Disziplin Weltmeister zu werden. Richtiger Weltmeister, nicht nur Espoir. Daneben ziele ich auf die großen Klassiker in der Spätsaison wie die Mezzalama und die Pierra Menta. Dazu muss ich versuchen, die Saison durchziehen zu können; ich will versuchen, ein paar Wochen länger Topleistungen zu bringen wie letztes Jahr.

A: Du bist wohl ein sportliches „Wunderkind“ und bereits einer der wenigen Profis in unserer Sportart. Wie wird man so ein Profi?

P: Ich bin bis ich 17 war in eine Sportschule gegangen und hab dann trotz der ersten Erfolge eine Lehre zum Feinmechaniker angefangen und auch beendet. Meine Arbeitgeber waren recht kulant und ich hab gleich mal auf 20 Stunden reduzieren können. Seit 2013 bin ich jetzt bei der Bundeswehr als „Sportsoldat“ in der Garnison in Berchtesgaden, was gar nicht einfach war, weil Skibergsteigen nicht olympisch ist. 500 Plätze gibt’s da, und da ist ein ganz schöner G’riss drum. Aber bei uns im Berchtesgadener Land sind‘s eh alle bergnarrisch, dadurch ist es dann gegangen. Leider ist der Platz beim Heer auf 2 Jahre beschränkt, aber derzeit könnt‘s nicht besser sein.

A: Bist Du so erfolgreich, weil Du auf Österreichischem Material unterwegs bist und bei uns trainierst?

P: Bestimmt! Ich lass mich jetzt dann eh einbürgern bei Euch. Oder ich nehm das Kitzsteinhorn mit nach Bayern.
Ich hab mit meinen Partnern immer Glück gehabt. Nach sehr guten Jahren mit LA SPORTIVA und SKITRAB bin ich jetzt zu DYNAFIT gewechselt. Einige Optionen wären mir offen gestanden, ich hab mich aber für DYNAFIT entschieden, weil die dort wirklich viel Innovation  und KnowHow einbringen. Für mich  steht außerdem an 1. Stelle das Material und nicht das Geld. Zudem versteh ich mich mit den Verantwortlichen sehr gut. Dem entsprechend hab ich auch gleich langfristig abgeschlossen. Nicht ganz bis zur Pension, aber fast.
Mit RED BULL hatte ich das Glück, kürzlich einen großen Partner zu gewinnen. Natürlich einen Österreicher, was sonst!

A: RED BULL ist im Ausdauersport ja nicht unumstritten. Bernd Pansold als Leiter des Thalgauer Leistungszentrums hat eine besondere Vergangenheit. Hast Du das am Radar?

Das Leistungszentrum Thalgau kenne ich nicht, mit Hrn. Pansold hatte ich bislang auch nicht mal indirekt Kontakt, aber natürlich weiß ich über ihn Bescheid. Ehrlich gesagt ist das aber thematisch so weit weg von mir – Doping ist etwas, über das ich mir nicht mal in Ansätzen Gedanken mache, es ist falsch und ein Tabu.  Ich trink lieber 8 Halbe Bier – oder 12. Nein im Ernst: für mich sind Doper und deren Helfer alles Betrüger, ich mag mich auch nicht messen mit ehemaligen Sündern, die irgendwo wieder auftauchen. Die Arbeit mit ehemaligen Dopingsündern wird zudem ab Jänner eh sowieso im neuen Anti-Dopinggesetz verboten, völlig zu Recht. Damit ist das für mich gegessen.
Bei RED BULL schätze ich die professionellen  Möglichkeiten bei  Verletzungen und die Einstellung zum Sport. Die haben einfach große Erfahrung. Mit den Leuten ist auch sehr angenehm zu arbeiten.

A: Ist der Profisport die Zukunft des Skibergsteigens?

P: Also es wird sicher auch ohne Profisport grundsätzlich gehen. Ich habe ja auch lange Teilzeit gearbeitet und ich kenne auch Sportler, die Vollzeit arbeiten und Spitzenleistungen bringen. Für Stockerlplätze wird aber ein Profistatus absolut notwendig sein. In Italien, Schweiz und Frankreich ist das ja schon auf breiter Front so.

A: Wo entwickelt sich der Sport hin, international und in Deiner Heimat Deutschland?

P: In Deutschland sind wir im Breitensport sicher auf einem guten Weg. Auch die Rennen entwickeln sich eigentlich gut, die Teilnehmerzahlen wachsen. Leider ist unser Nationalteam mit 5 Sportlern und keiner einzigen Dame sehr klein. Ich denke, dass es uns ausgesprochen gut geht und wir mit 20 Tagen Trainingslager, bezahlter Ausrüstung und bezahlten Rennen wirklich gut dastehen. Der DAV ist aber ein Breitensportverband, und auch wenn sich Matthias (Anm: Keller, Leiter Spitzensport DAV) und Martin (Anm: Dufter, Riap Sport Reichenhall) zerreißen, ist es immer ein Spagat. Das Klettern boomt im DAV derartig, dass einfach zu wenig Manpower für uns da ist. Für uns als Sportler ist es sehr belastend, wenn immer davon geredet wird, dass das Skibergsteigen vielleicht eingestampft wird und wir uns dann eine neue Heimat, vielleicht beim DSV, suchen müssten.

A: Wie siehst Du Olympia?

P: Ob Olympia aus sportlicher Sicht unbedingt nötig ist, möchte ich bezweifeln. Wer kennt im Radsport den Olympiasieger? Aber die Tour de France zu gewinnen, das hat was.
Für die Professionalisierung und Entwicklung der Sportart ist Olympia aber sicher ein großes Thema und würde für die Sportler und den Nachwuchs auf breiter Front Verbesserungen bringen.

 A: Wenn man so jung schon so viel erreicht hat, was kann dann noch kommen?

P: Fürs erste habe ich große Ziele im Skibergsteigen. Ein Weltmeistertitel oder ein Sieg beim Grande Course wär schon ein Hammer.  Ich überleg mir aber auch, ob ich nicht mal das Radlfahren probieren sollte, weil das geht mir auch gut von der Hand. Auch schnelle Besteigungen hoher Berge wären interessant. Es geht aber immer aufs Gleiche raus: solange es draußen und am Berg ist, ist alles interessant. Schach- oder Golfprofi werd ich wahrscheinlich nicht.

A: Zum Schluss noch was privates: wie hält Deine Freundin es aus, dass Du ständig am trainieren und bergsteigen bist?

P: Du, ich bin Single und noch voll zu haben. Aber eigentlich bin ich eh beziehungsunfähig. Naja, vielleicht doch nicht. Aber weißt was, da mach ma mal a Casting,  und dann schaun ma mal was daherkommt!


 

Danke für das herzerfrischende Telefonat, Toni!

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