FRITSCHI Vipec 2014/15 – die Evolution der Revolution

Die FRITSCHI Vipec war in der vergangenen Saison 2013/14 definitiv die Sensation am Bindungsmarkt. Nicht nur, dass die Zapferlbindung aus der Schweiz eine definierte Auslösung versprach, sondern vor allem die Tatsache, dass die eigefleischten Rahmenbindungsproduzenten FRITSCHI auf das Pin-Pferd setzen, hat überrascht.

In der ersten Saison hatten sich einige kleine Problemchen eingestellt, wie halt bei Erstserien so üblich. U.a. waren das herausgedrehte Pins auf der rechten Bindungsseite und Probleme beim einsteigen…man ist manchmal vorne unter die Pins gerutscht. Deshalb hat FRITSCHI die Vipec 12 überarbeitet und ist seit Herbst mit der Version 2.0 am Markt. Wir durften die speziellen Features der Bindung vom technisch sehr versierten Marketingleiter Stefan Burki direkt erklärt bekommen.

 

Grundlagen

Die grobe Klassifikation nach Rahmen- und rahmenlosen Bindungen kann insofern noch verfeinert werden, als es auch einen Unterschied zwischen Backen- und Pinsystemen gibt, wobei dies zwischen Vorder- und Hinterbacken unterschiedlich sein kann. Bei den klassischen rahmenlosen Pin-Pin Bindungen ist im Gegensatz zu Backen-Backen-Bindungen (Pistenbindungen) die Auslösung aus 2 Gründen schwierig zu definieren:

1.) Bei Frontalauslösung hinten ist zwar der (minimale) Federweg der  Haltefedern da, aber de Fakto kaum definierbar. Und auch nach einer Auslösung lässt der Vorderbacken im Regelfall nicht aus, weil keine Seitwärtsbewegung passiert.

2.) Bei Drehauslösung geht ausschließlich der Hinterbacken auf…theoretisch, weil dort die Pins des Vorderbackens dagegen halten. Das dadurch indirekte aufklappen der Pins ist eine Auf-Zu-Aktion, ohne Federweg, Dämpfung o.ä. Weil bei Pin-Pin-Bindungen im Gesamtsystem sehr wenig Dämpfung da ist, kommt es auch häufig zu Fehlauslösungen beim Fahren bei den Pins, wenn die Bindung vorne nicht verriegelt ist. Dadurch traut sich eigentlich niemand mit unverriegelter Bindung abfahren –> damit ist jede Auslöselogik für Drehauslösung umsonst.

Um diese Grundproblematik zu lösen, haben die DYNAFIT Beast (drehbarer Vorderbacken) oder die MARKER Kingpin (Hinterbacken mit Drehfunktion) unterschiedliche Ansätze, damit die Bindung auf der Abfahrt unverriegelt bleiben kann.

Die FRITSCHI Vipec geht mit einem neuen Ansatz ans Thema heran. Während der Hinterbacken als ganz normaler Pin-Backen ausgeführt wird und damit Gewicht und Volumen spart, werden die Pin-Flügel beim Vorderbacken einzeln und gefedert aufgehängt. Damit lässt sich sowohl die Auslösekraft einstellen als auch die nötige Dämpfung erreichen, um Fehlauslösungen bei Schlägen zu verhindern. Eine direkte Auslösung bei Drehstürzen ist das Ergebnis. Durch ein spezielles Design des Verriegelungshebels beim Vorderbacken löst diese Bindung auch aus, wenn sich der Hinterbacken bei Frontalauslösung öffnet und der Schuh nach vorne abrollt. Ein ganzheitliches System also!

Der Trend bei den Touren-Sicherheitsbindungen geht zur Prüfung nach DIN ISO 13992:2007 bzw. ISO 9465:2013. Während die DYNAFIT Beast und die MARKER Kingpin diese Prüfung schon haben, hat die FRITSCHI Vipec diese noch nicht. Wann die Prüfung passieren wird, konnte man uns nicht sagen, allerdings dürfte da schon was im laufen sein.

 

Funktionsweise

An der Funktionsweise der FRITSCHI Vipec hat sich gegenüber dem Letztjahresmodell nichts geändert. Unsere Kollegen von Freizeitalpin hatten die Bindung umfassend getestet. Die Bindung ist in Handhabung und täglichem Einsatz simpel und stabil, dazu ist man die Funktionsweise absolut gewohnt. In der Version, die nun im Handel ist, sind lediglich kleinere Punkte optimiert worden.

Die Bindung an sich funktioniert wie jede x-beliebige Pin-Bindung, kein Umdenken ist notwendig. Abweichend von der „normalen“ Zapferlbindung ist nur der Umstand, dass der Hinterbacken mit nach vor und zurück bewegt werden kann/muss, um zwischen Aufstieg und Abfahrt zu wählen. Ähnlich wie bei der MARKER Kingpin, jedoch mit einem echten Pin-System und mit einem leicht zugänglichen Hebel, der die Umstellung echt einfach macht. Diese Backenbeweglichkeit ist es übrigens auch, die die Bindung auch bei stark gebogenen Skiern auslösen lässt…eine Besonderheit am Markt! Interessant ist in dem Zusammenhang, dass durch dieses Feature bei der Montage keine Luft zwischen Schuh und Hinterbacken gelassen werden muss, was der Stabilität zuträglich ist.

Super vor allem, dass alles, wirklich alles, mit dem Stock bewerkstelligt werden kann. D.h. fixieren des Stoppers, Umstellen von Aufstieg auf Abfahrt, Steighilfen einsetzen oder rausnehmen. In der Praxis stellt sich das Umstellen von Aufstieg auf Abfahrt und umgekehrt ohne vorne aus den Pins zu müssen als wirklich praktisch und bequem heraus. Keine angsterfüllten Fellabfahrten oder lange Stapfereien auf ebenen Abfahrtsteilen mehr. Das ist Praxisorientierung!

Sehr viel schweizerisches Hirnschmalz ist auch in die Auslöselogik geflossen. Bei einer Frontalauslösung drückt der Skischuh den Vorderbacken ebenfalls auf, dadurch kommt man vollständig vom Ski frei. Und alle Auslösewerte sind definierbar, sowohl hinten als auch vorne. Übrigens: im technisch schwierigen Aufstieg soll die Bindung – wie praktisch alle anderen Bindungen – verriegelt  werden. Die Gefahr, bei harten Querungen herauszufallen, ist sonst groß. Bei lockeren Anstiegen und in der Abfahrt kann man die Verriegelung getrost weglassen, funktioniert einwandfrei.

Ein wichtiger Punkt im Sinne der vielen Neuentwicklungen am Markt ist, dass die FRITSCHI Vipec für alle gängigen Tourenskischuhe funktioniert, die den Schuhnormen ISO 9523:2009 und ISO 5355:2006 entsprechen. Es gibt nur eine kleine Einschränkung: sehr stark bombierte Rennschuhe wie der LA SPORTIVA Stratos Cube funktionieren nicht. Andere aktuelle Neuentwicklungen wie der SCARPA F1 Evo (mit speziellem Verriegelungssystem) oder der DYNAFIT TLT6 Mountain CR (mit schmalem Sohlenrand) funktionieren anstandslos, da der Hinterbacken ein ganz normales Pinsystem ist. Die Pins selbst sind übrigens auch noch anpassbar, also maximale Kompatibilität ist sicher gegeben.

Dass durch farbige Einlegeplatterln „Color Clips“ die Optik der Bindung geändert werden kann, mag auch ein wichtiges Verkaufsargument für Modefetischisten sein. So lässt sich die Bindung täglich wechselnd farblich auf die Haube oder den Biorhythmus abstimmen. Ausgeliefert werden die Bindunegn mit einem schwarzen Clip, nachrüsten kann man in vielen Farben.

Spannend die Funktionsweise des Harscheisens Traxion, das auch bei der größten Steigilfe (13°) noch wirklich weit in den Schnee greift. Bekanntlich ein Problem bei vielen anderen Herstellern.

 

Optimierungen in der Version 2014/15

• Das Problem der sich unter manchen Bedingungen lockernden Pins auf der rechten Bindungsseite ist durch ein andersgängiges Gewinde in Zusammenhang mit einem Sicherungsstift/einer Sicherungsfeder eindeutig gelöst.
• Die Auslösung des Vorderbackens bei freier Ferse funktioniert nun durch einfache variable Aufsätze aus Kunststoff perfekt für alle Schuhe, und das ohne Eindrücken oder sonstigen Einschränkungen. Wir konnten das in der Praxis mit 4 verschiedenen Modellen (inkl. dem eigenen) testen.
• Durch einen „Zentrierbacken“ beim Vorderbacken ist das Einsteigen – das im letzten Jahr gewöhnungsbedürftig war – nun tatsächlich viel einfacher und auch im Gelände ohne Fluch-Orgien leicht zu bewerkstelligen.

 

Technische Daten und Preise

Gewicht: 470 Gramm pro Seite (+70 Gramm für den Skistopper; Verwendung ohne Stopper möglich)
DIN Werte: z = 5 – 12 einstellbar
4 verschiedene Stopperbreiten: 80, 90, 100 und 115 mm
Preis: EUR 449,99 (inkl. Stopper 80 und 90 mm) bzw. EUR 459,99 (inkl. Stopper 100 und 115 mm)

Link zur Seite des Herstellers: http://www.diamir.com/produkt/diamir-vipec-12/