Alles zum Thema Skitouren Fell – Besuch bei Koch Alpin / Contour

Kürzlich konnte SKIMO Austria einiges interessantes zum Thema Skitouren Fell erfahren. Den Besuch bei Koch Alpin in Tirol, dem Hersteller der CONTOUR Steigfelle, dürfen wir hier zusammenfassen.

Koch Alpin Contour Steigfelle Motiv 12 Bild SKIMO Austria Karl Posch
  • Koch Alpin Contour Steigfelle Die Wolle der Mohairziegen wird in Lesotho in Afrika verarbeitet Bild Koch Alpin GmbH
  • Koch Alpin Contour Steigfelle Mohairwolle frisch und gesäubert Bild SKIMO Austria Karl Posch
  • Koch Alpin Contour Steigfelle Motiv 02 Bild SKIMO Austria Karl Posch
  • Koch Alpin Contour Steigfelle Verschiedene Spitzenspanner Bild SKIMO Austria Karl Posch
Koch Alpin Contour Steigfelle Werner Koch 1 Bild SKIMO Austria Karl Posch
Werner Koch

Firmeninhaber Werner Koch ist wahrlich kein Neuling in der Szene. Seit der Firmengründung durch seinen Vater 1978 beschäftigt sich das Unternehmen mit der Herstellung von Steigfellen. Koch Alpin ist an seinem Produktionsstandort in der Nähe von Innsbruck mit 20 Mitarbeitern und jährlich rund 80.000 produzierten Paar Fellen einer von nur 8 Herstellern weltweit.

Die Produktion umfasst neben der Eigenmarke CONTOUR für Tourenskis und Splitboards auch noch OEM-Lieferungen für ATOMIC, BLACK CROW, KÄSTLE, HAGAN, SKI TRAB, DOWN und MAJESTY. Mit Innovation – z.B. dem 2013 vorgestellten Hybridfell – und einem guten Händchen für den Markt expandiert Koch Alpin seit Jahren gleichmäßig. Das Geheimnis hinter dem Erfolg ist vielleicht auch die tiefe Überzeugung Werner Kochs von dem was er tut:

„Es gibt keine Sportart, die so sehr von der Lust auf Bewegung geprägt ist wie das Skibergsteigen.“

 

Was ist ein Skitouren Fell?

Koch Alpin Contour Steigfelle antike Seehundfelle Bild SKIMO Austria Karl Posch
Antike Seehundfelle

Steigfelle sind ursprünglich aus Tierfellen gemacht worden (daher der – eigentlich veraltete – Name) und nützt die Eigenschaften von gewachsenem Haar: gleiten in Wuchsrichtung, aufstellen und damit Verankerung im Schnee gegen die Wuchsrichtung.

Koch Alpin Contour Steigfelle Aufbau eines Steigfells Bild Koch Alpin GmbH
Aufbau Skitouren Steigfell

Heute wird der Faserflor von Steigfellen entweder aus Garn der geschorenen Haare der Mohairziege gefertigt, von dem rund 5 km (!) für ein Paar Felle gebraucht werden. Weniger natürlich, dafür etwas günstiger geht es aus Polyamid-Fasern „Nylon“ oder aus einem Mix beider Materialien. Diese Fasern werden in einem bestimmten Anstellwinkel zu einem Flor verarbeitet, auf einen Baumwollstoff aufgebracht, der wiederum mit einer Klebeschicht die Verbindung zum Ski sicherstellt. Zwischen dem Fellflor und dem Baumwollrücken wird dazu standardmäßig noch eine Kunststoffschicht verbaut, um ein „ansaufen“ des Fells mit Wasser bei warmen Verhältnissen zu vermeiden. Die Unterschiede beim Gewicht sind bei Fellen bezogen auf den Quadratmeter übrigens recht unerheblich. Wird nämlich beim Grundmaterial zu sehr gespart, kann das Fell im Gebrauch abreißen und kann sich das Fell seitlich aufwölben.

Sonderkonstruktionen wie das 2014 vorgestellte FISCHER Profoil bedienen nur kleinste Nischen.

Wie funktioniert ein Skitouren Steigfell nach unten zum Schnee?

Im unbelasteten Vorwärtsschritt gleitet das Fell über den Schnee. Nach Belastung stellen sich die Fasern nach hinten auf und verhindern ein zurückrutschen, es tritt die so genannte „statische Haftung“ ein. Als Grundsatz für alle Steigfelle kann gesehen werden: das Naturhaar Mohair gleitet und steigt gut, hat jedoch kürzere Lebensdauer. Mixfelle gleiten und steigen schlechter, halten dafür aber wesentlich länger.

CONTOUR bietet folgende Auswahl:

  • Mix: 65 % Mohair / 35 % Synthetik, längere Lebensdauer, geringere Gleiteigenschaften, auf Kunstschnee bessere Steigeigenschaften
  • Pure: 100 % Mohair, auf Kunstschnee und harten Pisten geringere Lebensdauer, bessere Gleiteigenschaften
  • Race: 100 % Race Mohair, speziell für RennläuferInnen, sehr gute Gleiteigenschaften, kürzere Lebensdauer

Die Gesamt-Lebensdauer bei einem Skitouren Fell liegt übrigens im Schnitt bei 60.000 – 120.000 Höhenmetern, abhängig von der Schneequalität….mehr bei Pulver, weniger bei Harsch.

 

Wie hält das Fell am Ski?

Gerne wird am Markt von Kleber- und im Gegensatz dazu von Adhäsionsfellen gesprochen, was de Fakto falsch ist, denn Adhäsion ist jede Art von Klebung bzw. Haftung. Richtig ist es, von Kleber- und kleberlosen Fellen zu sprechen.

  • Kleberfelle

Während die letzten 30 Jahre war das Skitouren Fell mit Kleber praktisch nicht verändert worden. Der heiß und dünnflüssig auf das Baumwoll- Trägermaterial aufgebrachte Kleber war lange die Universalwaffe für alle Tourengeher.
Für die besorgten: die Kleber für Felle waren früher für die Umwelt durchaus belasdtend, sind nun seit einigen Jahren jedoch von Perfluoroctansulfonsäure PFOS und Perfluoroctansäure PFOA frei.

Der Vorteil: durch die hohe Klebkraft am Ski auch bei widrigen Bedingungen wie Kälte, Schneefall anwendbar….zur Not am Körper unter dem Anorak angewärmt. Ein mehrfaches Aufziehen wie beim Skibergsteigen im Gelände üblich ist kein Problem.

Der Nachteil: leider nur sehr schwierig voneinander zu trennen, wenn keine Folie als Zwischenschicht verwendet wird….was in der Praxis nach der dritten Tour keiner mehr tut. Speziell bei breiteren Fellen wird das Trennen vor dem Aufziehen auf den Ski zum Kraftakt, was den Kleberfellen auch den Kosenamen „Tinderfell“ eingebracht hat. Warum? Weibliche Tourengeher brauchen in der Regel die Hilfe eines männlichen Sportkollegen für die Nutzung des Fells.
Kleberfelle haben zudem klar definierte Funktionsbereiche: hält es gut am Ski bei niedrigen Temperaturen, dann wird es viel zu teigig bei Frühlingsbedingungen (so funktionieren meist die amerikanischen Felle). Und ist es auf gute Klebkraft bei warmen Temperaturen eingestellt, pickts nicht mehr bei Kälte.

  • Kleberlose  Felle

Die ersten kleberlose Felle am Markt vor rund 10 Jahren waren die sogenannten Adhäsionsfelle, die statt des Heißklebers mit einer Silikonschicht versehen waren. Eine grundsätzlich tolle Sache und große Innovation, die aber nach einem kurzen Hype recht schnell an Boden verloren hat.

Der Vorteil: geht super easy zu trennen und ist relativ wärme- und kälteunempfindlich.

Der Nachteil: die geringe Haltekraft kann bei schwierigen Tiefschnee-Partien die Haftung schnell zu wenig werden lassen. Ein mehrfaches Aufziehen der Felle ist nur mit größter Sorgfalt möglich. Leider hält auch die Silikonschicht schlecht am Baumwoll- Grundmaterial, und kann sich im Lauf der Zeit partiell lösen.

  • Das Hybrid Fell

CONTOUR hat seit 6 Jahren ein so genanntes Hybrid Fell am Markt, das die Vorteile beider o.a. Systeme vereint. Dabei wird auf den Baumwoll-Träger eine spezielle Folie aufgebracht, die beidseits klebt wie ein breites beidseitiges Klebeband, jedoch mit unterschiedlichen Eigenschaften. Damit wird einerseits eine hohe Haftung am Trägermaterial erreicht. Andererseits ist der Kleber fast wie ein Wunderding zwar super leicht wie ein Silikonfell voneinander zu lösen, hält am Ski aber wie ein Kleberfell.

Nach einigen Jahren am Markt kann man nun mit Fug und Recht sagen, dass das CONTOUR Hybrid absolut praxistauglich ist und alle Bereiche top abdeckt, vielleicht mit der Ausnahme des Rennlaufs, wo ganz spezielle Eigenschaften gewünscht werden.

 

Braucht man Endhaken und -spanner und welche?

Koch Alpin Contour Steigfelle Verschiedene Spitzenspanner Bild SKIMO Austria Karl Posch
Verschiedene Spitzenspanner

Klassisch hat man bei Steigfellen vorne und hinten Befestigungselemente, man nutzt also ein „Spannfell“. Während es früher Standard war, ein Skitouren Fell vom hinteren Metall-Endhaken mit einer Gummilasche vorne über die Spitze zu spannen, hat sich dies in den letzten Jahren geändert. Aktuell hängt man vorne einen Metallhaken über die Spitze und spannt mit einem Kunststoffhebel am Ende das Fell zurück. Damit entsteht in beiden Fällen in Kombination mit dem Kleber eine hervorragende Verbindung zum Ski. Beide Systeme haben auch dieselben Vorteile

Koch Alpin Contour Steigfelle Verschiedene Endspanner Bild SKIMO Austria Karl Posch
Verschiedene Endspanner

Bei Rennfellen schauts a bisserl anders aus, hier wird vorne mit einem Gummibeschlag eingehängt und ein relativ kurzes Fell nur angeklebt, ohne Endhaken. Dadurch wird Gewicht gespart und es ist auch ein wesentlich einfacheres ablösen und wiederaufbringen der Steigfelle möglich.

 

Wie passt das Fell auf den Ski?

Der Trend am Fellmarkt geht immer mehr in Richtung des selbst Zuschneidens anstatt des fertig kaufens mit Kompromissen. Was vor wenigen Jahren noch einiges an Geschick erfordert hat, ist beim Hybrid Skitouren Fell von CONTOUR nun ganz einfach, weil es bei der Auslieferung eine dreifach geteilte Schutzfolie hat.

Wie ein Fell pflegen?

Ein Skitouren Fell leidet natürlich im täglichen Einsatz. Werner Koch hat uns einige Tipps mitgegeben, was man einem Skitouren Fell Gutes tun kann, damit man länger Freude daran hat.

Den Fellflor kann man mit geeigneten Mitteln imprägnieren, um die Gleiteigenschaften zu verbessern und damit ganz nebenbei die Lebensdauer zu erhöhen. Hier gilt: einmal imprägnieren hilft nix, hier muss man regelmäßig ran.

Das wachsen der Felle ist ebenfalls super und gängige Praxis. Das erhöht auch die wasserabweisenden Eigenschaften im Frühling bei feuchtem Schnee und kann unterwegs mit einem Bröckerl Skiwachs jederzeit gemacht werden.
Das oftmals praktizierte einbügeln von Skiwachs soll man dagegen tunlichst unterlassen. Die Hitze des Bügeleisens kann ganz leicht die Kleberschicht angreifen, und im schlimmsten Fall kaputt machen.

Wenn ein Kleberfell durch Schmutz seine Klebekraft verloren hat, kann das mit einigem handwerklichen Geschick repariert werden. Am besten spannt man das Fell auf einer Werkbank auf, um mittels Warmluft und Spachtel den alten Kleber sauber zu entfernen. Neuer, frischer Kleber kann anschließend mit Pinsel aus der Tube (EUR 13,90) oder einfacher als fertiges Transfertape aufgebracht werden.

Wenn die Klebekraft bei kleberlosen Fellen bzw. dem Hybridfell nachlässt, ist das viel einfacher zu lösen. Es kann mit sauberem Wasser abgespült werden, was meist schon eine große Besserung der Haftkraft bringt. Um auch die im Lauf der Zeit angesammelten Wachsreste vom Fell zu entfernen, können die Hybrid Reinigungstücher verwendet werden (EUR 4,95), von denen 2 Stk. jedem CONTOUR Steigfell ohnehin beiliegen. Und dann pickts wieder volles Rohr!

 

Welches CONTOUR Steigfell für welche Bedingungen?

Werner Koch bricht für unsere Leser die Eigenschaften der verschiedenen Fell- und Kleberarten und der verfügbaren Endhaken auf eine einfache Liste „Wer braucht was“ herunter:

  • Pistengeher:  Mix Mohair, Hybrid Kleber, Endhaken nach Geschmack
  • Geländegeher:  100% Mohair für lange anspruchsvolle Touren, Hybrid Kleber, Endhaken nach Geschmack
  • Skihochtouren: Mix Mohair, Hybrid Kleber, Endhaken nach Geschmack

Rennläufer:  100% Race-Mohair mit geradem Schnitt, Schmelzkleber, kein Endhaken

Detaillierter und auch ein bisserl lustiger hat Koch Alpin dieses Wissen im CONTOUR Fellguide aufgebaut.

 

Last but not least: Nachhaltigkeit

Koch Alpin legt großen Wert darauf, seine Produktion ressourcenschonend und nachhaltig zu halten. Das Herzstück der Fellproduktion ist neben kleineren und älteren Plottermodellen ein riesiger moderner Laserplotter, der die Felle optimiert aus großen Ballen Rohmaterial herausschneidet. Durch die computergestützte Fertigung kann der Zuschnitt optimiert werden. Der Plotter samt Abluftfilter hat einen mittleren 6-stelligen Betrag gekostet, ist aber sowohl für die Firma als auch für die Umwelt jeden Cent wert, wie Werner Koch sagt:

„Die Produktion ist durch die verbesserte Technologie schneller geworden und die Kapazität größer, der Verschnitt aber weniger.“

Koch Alpin Contour Steigfelle Motiv 18 Bild SKIMO Austria Karl Posch
DOGHAMMER Hüttenpatschen

Der trotzdem noch anfallende Verschnitt wird seit einem Jahr höchst innovativ weiterverarbeitet: die Firma DOGHAMMER fertigt aus den Abschnitten Hüttenpatschen in speziellem Design. Super, dass hier bis zum Ende gedacht wird.

 

© SKIMO Austria für den redaktionellen Artikel, werblich unterstützt durch CONTOUR Steigfelle.

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