Was ist das beste Steigfell? Umfassender Felltest an der Uni Innsbruck

Am 25. und 26.2.2016 hatten wir als Teil einer exklusiven Delegation internationaler Journalisten Gelegenheit, einer wissenschaftlichen Betrachtung des Themas Steigfell beizuwohnen. Der Reibungstester „Tribometer“ an der Uni Innsbruck wurde dabei ebenso herangezogen wie weitere technische Geräte. Die Vergleichbarkeit im Gelände spielte beim Event des Fellherstellers POMOCA zu guter Letzt die Hauptrolle.

Das beste Steigfell

Dass der zweitägige Event der Oberalp-Gruppe, zu der POMOCA gehört, wichtig ist, zeigte sich schon bei der Begrüßung in Innsbruck. Firmenboss Heiner Oberrauch war extra aus Bozen angereist, um POMOCA Geschäftsführer Josep Castellet zu unterstützen. Oberalp Marketing Director Reiner Gerstner blieb gar die ganzen zwei Tage in Tirol.

Die Grundlagen für das beste Steigfell

WHAT IS A SKIN_4 - VELVET WITH TREATMENTDass Steigfelle aus dem Haaren der Mohair-Ziege gemacht werden oder aus Kunstfasern wie z.B. Nylon, ist noch klar. Wie diese Fasern dann verwoben werden, um in eine Richtung zu gleiten und in die andere zu steigen, das ist schon weniger klar. Wie viele Arbeitsschritte und technische Möglichkeiten bei der Produktion schon die späteren Eigenschaften beeinflussen überrascht.

Skin Test Event 2016_ 10 _Foto_Willi Seebacher LRPOMOCA hat als erster Fellhersteller nun versucht, alle Einflussgrößen zu eruieren und hat an die Uni Innsbruck bzw. an das Technologiezentrum Ski- und Alpinsport (TSA) den Auftrag erteilt, diese zu erfassen und zu vergleichen. Die an der Uni vorhandenen Kältekammern und der legendäre „Tribometer“ kamen dabei intensiv zum Einsatz. Gleich 8 Studenten inkl. Betreuung durch Michael Hasler nahmen sich der komplexen Aufgabe an und erarbeiteten über Monate Ergebnisse in der Matrix

  • Basismessung
    • Gewicht pro Fächeneinheit
    • Stollverhalten
    • Wasserabsorption
    • Haftung am Ski
  • Tribometer
    • Reibungskoeffizient der Vorwärtsbewegung bei verschiedenen Belastungen
    • Daraus folgend der Kraftaufwand für die Bewegung
  • Physikalich-Chemische Materialanalyse
    • 3D Oberflächenmikroskopie
    • Beschichtungsbeurteilung durch Messung des Benetzungswinkels
    • Oberflächenanalyse durch Infrarot-Spektrografie

Probleme bei der Messung und der Ansatz zur Lösung

Das Grundproblem bei allen Messungen an Fellen ist jedem bekannt, der schon mal ein bisserl daran herumexperimentiert hat. Es gibt extrem viele Standard-Parameter, dazu kommen spezielle  Einflussgrößen wie die Schneebeschaffenheit, die eigene Kondi/Reproduzierbarkeit und auch Faktoren wie das bekannte „Einlaufen“ neuer Felle.

POMOCA und das TSA haben nun in den Testreihen im vollen Bewusstsein dieser haufenweisen Unsicherheitsfaktoren angefangen, eine Basis zu schaffen. 19 handelsübliche Felle verschiedener Hersteller wurden standardisierten Tests unterzogen. Der Kunstschnee, der am Innsbrucker Tribometer erzeugt wird, wurde als Basis herangezogen, Praxisbezüge durch Tests am Ski geschaffen.

Durchführung der Tests

Ausgegangen wurde am ersten Tag des Testevents bei allen Fellen von einer Laboruntersuchung der Steigfelle, denn das TSA ist daran interessiert „…nicht nur zu wissen, dass ein Fell besser gleitet als das andere, sondern auch warum das so ist.“ wie uns ein Student erklärte.

POMOCA Felltest 2016 _ Motiv 32 _ Bild Karl Posch SKIMO _ Web KopieStandards wie Gewicht pro Flächeneinheit und die Wasserabsorption leuchten dabei auch dem Laien ein, eine 3D-Vermessung der Oberfläche, bei der die Rauhtiefe des gewebten Stoffs ermittelt wird, ist dann aber schon sehr speziell. Die Visualisierung dazu öffnet aber die Augen…klar, ein glatteres Fell gleitet besser. Dass man den Umfang und die Art des Skiwachsens mittels Spektrografie auch messen kann überrascht dann noch mehr. Hilfsmittel wie diverse am Fell vorhandene Gleitmittel und Paraffinwachse können – Ratz-Fatz – ermittelt werden.

POMOCA Felltest 2016 _ Motiv 33 _ Bild Karl Posch SKIMO _ Web KopieZweifellos zu den wichtigsten Messungen gehörte der Praxistest am Tribometer, einem etwa 20 Meter langen Teststrecke für Ski, auf der ein „automatisierter Skifahrer“ die Reibung ermittelt. Die Mannschaft rund um dieses High-Tech-Gerät hat große Erfahrung mit Skitests des ÖSV oder Kufentests der Rodler. Felltests waren in diesem großen Umfang auch neu. Mit einer Bewegungsanalyse durch den soeben neu entwickelten Trainingsmesser POMOCUP (wir haben berichtet) wurde genau festgestellt, wann im Bewegungsablauf welche Last auf den Ski kommt und wann das Gleiten des Fells am wichtigsten ist. Davon ausgehend wurden alle Felle standardisiert bei verschiedenen Schneetemperaturen Reibungstests unterzogen.
das beste Steigfell

Am zweiten Tag in Praxmar oberhalb von Innsbruck wurden von den rund 20 Teilnehmern am Testevent die theoretisch erarbeiteten Ergebnisse praktisch überprüft. Jeweils mit einem neutralen Standardfell am linken Bein und einem der 19 Testfelle am anderen Bein wurde immer wieder die gleiche kurze Teststrecke abgegangen. Alle Felle waren mit einer Codierung neutralisiert, also wenn man nicht aus Farbe und Webung erkennen konnte, welche Firma man grad am Belag hatte, war der jeweilige Hersteller anonym. Zudem wurden alle Teilnehmer ermahnt, während der laufenden Tests nichts zu den anderen Testern zu sagen. Überaus spannend, denn es zeigte sich, dass zwischen dem besten und dem schlechtesten Fell Welten lagen…und das bei allen Teilnehmern mehr oder weniger einhellig.

Die Ergebnisse – was ist nun das beste Steigfell?

Auch wenn die Ergebnisse der beiden Tage in Tirol keinesfalls eine endgültige Aussage treffen können, gab es doch ganz interessante Ergebnisse. Einschränken muss man, dass

  • Bei weitem nicht alle am Markt befindlichen Produkte aller 9 weltweiten Hersteller getestet wurden
  • Die Produktionschargen von Steigfellen in sich differieren
  • Die Schneearten einen riesigen Einfluss haben
  • Die Art und Weise des Gebrauchs letztlich immer den Ausschlag gibt

Vor diesem Hintergrund wurden jedoch ausgesprochen gute Daten erarbeitet. Alleine die Aussage, dass sich der Energieaufwand zum Gleiten vom besten zum schlechtesten Fell um 1/3 (!) unterscheidet, lässt aufhorchen. Dem Thema Steigfelle wurde zweifellos in der Vergangenheit zu wenig Beachtung geschenkt.

Die technisch ermittelten Ergebnisse auf die Tribometer lesen sich wie folgt:

TSA-Ergebnisse-Felltest-2_2016
TSA: Reibung verschiedener Fellarten gemessen auf dem Tribometer der Uni Innsbruck. Weniger Reibungskraft entspricht weniger benötigter Kraft beim Gleiten.

Zum Praxistest kann man sagen, dass sich geringe maschinell festgestellte Unterschiede in der Gleitfähigkeit kaum spüren lassen, d.h. dass die meisten Tests subjektiv ähnliches spüren ließen. Es wird in den nächsten Tagen noch eine statistische Auswertung der über 300 praktisch ermittelten Datensätze geben, dann kann man vielleicht mehr sagen.
Klar erkennbar war aber, dass sich zwischen dem schlechtesten und dem besten Fell auch in der Praxis deutlich spürbare Unterschiede ergaben. Wie sich dieser Unterschied dann bei unterschiedlichen Temperaturen und Schneearten auswirkt….gute Frage. Dazu aber die Aussage eines der (alle fleißig Tourengehenden) Studenten: „Wir haben bei unzähligen Touren mit den verschiedensten Fellen festgestellt, dass sich die Leistungs-Abstände der Felle zueinander zwar verändern, aber der Trend Gut/Schlecht auch bei unterschiedlichsten Bedingungen immer der gleiche ist.“ Das beste Steigfell ist damit vielleicht noch nicht gefunden, ein aussagekräftiger Beginn ist aber gemacht.

Für die Zukunft und die angekündigte Weiterführung der Testreihen ist damit eigentlich schon die Schiene gelegt: neben einer Ausweitung auf eine breitere Basis mit mehr Testfellen und mehr Testreihen wird es vor allem die Ausweitung auf verschiedene – möglichst praxisbezogene  – Schneearten sein, die von Interesse ist.

Die statische Haftung – also das „Steigen“ eines Fells – wurde übrigens nur im Praxistest getestet, hier fehlen noch die theoretischen Grundlagen, um eine normierte, wissenschaftlich einwandfreie Aussage treffen zu können. Auch das eine große Herausforderung für die Zukunft!

Fazit

Danke an POMOCA und den Geschäftsführer Josep Castellet, die a) den Mut hatten, den riesigen Aufwand zu betreiben diese Testreihe durchzuführen und b) die Ergebnisse auch öffentlich machen. BRAVO an die Oberalp-Gruppe!

Top News

titelbild alpencup medienprasenz skimo austria 10. März 2025

SKIMO Alpencup 2025 im TV – super Zeiten!

Die Medienpräsenz des SKIMO Alpencups 2025 war bemerkenswert. Bevor wir am ... Mehr erfahren
mixedrelaypress 4 23. Februar 2025

Spanien sichert sich den Sieg im dritten Mixed-Relay-Rennen der Saison bei der MiCo2026-Testveranstaltung

Das dritte Mixed-Relay-Rennen der Saison bot einen intensiven und ... Mehr erfahren